1785: Die erste deutsche Dampfmaschine in Hettstedt

Zur Vorgeschichte der ersten deutschen Dampfmaschine siehe [1778: Preussische Beamte machen eine Studienreise zu Watt’s Maschinen].

Carl Friedrich Bückling erhielt am 1. Juni 1783 den Auftrag zur Bauleitung. Die Inbetriebnahme war für den Herbst 1784 vorgesehen. Doch erst am 2. Mai 1785 erfolgte eine erste formale Inbetriebnahme.

Die Schwierigkeiten, denen sich Bückling gegenüber sah, sind heute kaum nachvollziehbar. Es fehlte an allem. Da die Maschinenteile aus ganz unterschiedlichen Betrieben kamen, dürfte schon die Montage eine Herausforderung gewesen sein. Ohne Normen für z.B. Zeichnungen, Maße und Gewinde !

Es zeigte sich, daß ein Dauerbetrieb noch nicht möglich war. Die Maschine arbeitete nach dem Anlassen 1 bis 1 1/2 Stunden störungsfrei, um dann letztlich zum Stillstand zu kommen. Das war schon bei dem Modell im Maßstab 1:6 der Fall gewesen - man hatte dieses Verhalten allerdings nicht recht ernst genommen.

Im Februar 1786 reiste Bückling erneut nach England. Wiederum gelang es ihm, einen Arbeiter zu bestechen. Er konnte nun die Steuerung genau studieren und zeichnen. Wahrscheinlich der wichtigste Schritt Bücklings war aber, dass es ihm gelang, den Waliser William Richards anzuwerben. Dieser (in einigen Quellen als Maschinenwärter bezeichnet, in anderen als Maschinenbauer) hatte ganz maßgeblichen Anteil nicht nur an der Hettstedt-Maschine, sondern auch an einer ganzen Reihe weiterer Maschinen. Dies hat E. Graf im September 2015 unter der Überschrift »Maschinen-Meister William Richards« dokumentiert 1.

Skizze Bückling Erste Deutsche Dampfmaschine{#fig:1785-1}

Zurück in Sachsen-Anhalt begannen beide im August 1786 die Steuerung umzubauen und eine ganze Reihe anderer Verbesserungen vorzunehmen. Mitte Dezember wurde die Maschine erneut angelassen. Die Enttäuschung war allerdings groß, als sie nach einem halben Tag wieder nachließ. Diesmal waren die Hilfspumpen, vor allem die Luftpumpe, die Ursache. Erst im Mai 1787 arbeiteten die Pumpen wieder zuverlässig.

Nun trat ein neues Problem zu Tage: Das Kesselspeisewasser war extrem hart. Im Kessel lagerte sich Gips und Kalk in großen Mengen ab. Während der Reinigung stieg das Wasser in Grube wieder an. Im November konnte ein zweiter Kessel in Betrieb genommen werden. Ende Dezember 1787 war der Schacht entwässert 2.

Die Hettstedt-Maschine ist aus Anlaß des 200-jährigen Jubiläums vom Mansfeld-Kombinat nachgebaut worden. Dazu wurde ein neues Gebäude in direkter Nachbarschaft des Humboldt-Schlosses Burgörner errichtet und 1985 eingeweiht.

In Bild @fig:1785-2 sieht man, um welche Dimensionen es bei den frühen Maschinen ging. Von der Ebene des Balanciers geht der Blick hinunter auf den Kessel. In Bild @fig:1785-3 sieht man die Hauptdampfleitung, die Ventilkästen und den Steuerbaum.

Hettstedt: Blick vom Balancier auf den Kessel{#fig:1785-2 width=15cm}

Hettstedt: Blick vom Balancier auf Ventilkästen{#fig:1785-3 width=15cm}

Stand: 25.7.2016