1802: Die erste Wasserhaltungsmaschine des Ruhrgebiets geht auf Zeche Vollmond in Betrieb

Hauptgewerke der Zeche Vollmond in Bochum-Werne war seit 1799 der Freiherr von Romberg 1. Dieser ließ ab 1800 einen senkrechten Schacht abteufen, um das Grubenwasser abzuführen. Anfang 1801 begann man hier mit den Arbeiten zur Aufstellung der ersten »Feuermaschine« im Ruhrbergbau.

Die Maschine, die hier genutzt werden sollte, hatte eine eigentümliche Geschichte. Sie war schon 1792 in Tarnowitz (Oberschlesien) für die Zeche Charlotte in Essen-Überruhr gebaut worden 2. Der Zylinderdurchmesser wird mit 20 Zoll (ca. 0,5 m) angegeben, der Hub mit 7 Fuß (knapp 2,2 m). Beim Transport auf der Oder verunglückte das Frachtschiff. Alle Kisten mit den Maschinenteilen konnten aber geborgen werden. Ab Oktober 1792 lagerten sie in Duisburg-Ruhrort, weil man sich bei der Zeche Charlotte weigerte, die Lieferung anzunehmen (Grund waren die durch die Bergung entstandenen Mehrkosten). Das westfälische Oberbergamt in Wetter versuchte ab 1794 vergeblich, die Maschine andernorts einzusetzen.

1800 erwarb dann von Romberg die Maschinenteile. Jedoch gelang es zunächst nicht, die Maschine in Gang zu bringen.

Franz Dinnendahl, der als Zimmermann das Maschinenhaus zu errichten hatte, bot sich an, zu helfen. In einer autobiografischen Notiz schrieb er 3:

[…] Diese Maschine war nach dem alten Prinzip in Schlesien gebaut, und sollte von einem gewissen Schumann aus der dortigen Gegend, der früherhin nur Maschinenwärter gewesen war, und überhaupt wenig mechanisches Talent hatte, zusammengesetzt werden. Allein dieser Mann machte bei der Zusammensetzung mehrere Fehler, worauf ich denselben aufmerksam machte. Er sagte mir aber, daß dieses meine Sache nicht sey, und wies mich auf meine wiederholten Erinnerungen endlich mit groben Antworten ab, ohne die Fehler abzuändern. Ich ging darauf zu dem jetzigen Herrn General Inspektor Crone, damals noch Ober-Bergmeister, erzählte ihm die Sache, und erbot mich zugleich die Maschine in Gang zu bringen. Er erzählte mir aber dagegen, daß der damalige Herr Berghauptmann Bückling, der lange in England gewesen, und dabei noch einen in mechanischen Arbeiten erfahrene Mann mitgenommen hätte, nicht einmal im Stande gewesen wäre, die erste Maschine in Gang zu bringen. Er rieth mir, der ich nur ein gemeiner Zimmermann war, und in einem Kittel zu ihm kam, also an, nur an meiner Arbeit zu bleiben. So sehr ich denselben auch versicherte, daß ich dennoch eine Feuermaschine zu bauen im Stande wäre, wenn man mir nur Zutrauen schenken wolle; so schien ihm dieses dennoch unmöglich zu seyn. Ich mußte also unverrichteter Sache abgehen, ging aber von da zu dem jetzigen Herrn Landes-Direktor, Freiherr von Romberg.

Es gelang Dinnendahl, von Romberg zu überzeugen und es gelang dem Zimmermann aus Essen-Horst dann tatsächlich, die Maschine in Betrieb zu setzen, vermutlich

  1. Nach weiterem Ausbau der Zeche hob sie 1806 Wasser aus rund 40 m Tiefe, etwa 0,5 Kubikmeter pro Minute. Doch damit war die Leistungsgrenze erreicht. Die Maschine wurde verkauft und auf der Friedrich-Wilhelms-Eisenhütte in Hörstel-Gravenhorst zum Antrieb eines Gebläses eingesetzt (dort ist heute noch eine Giesserei ansässig 4).

Ob das geschehen ist, scheint fraglich. Lt. Albert Gieseler 5 hatte die Friedrich-Wilhelms-Eisenhütte den Auftrag, eine neue, leistungsfähigere Maschine für die Zeche Vollmond zu bauen und dafür die alte in Zahlung genommen. Sicher ist, dass dieser Auftrag nicht ausgeführt wurde, statt dessen lieferte letztlich Dinnendahl eine neue Maschine.

Durch Peter Kracht wurde ich auch den auf seltenen Umstand aufmerksam, dass es eine Skizze der Maschine gibt. Diese zeigt eine eher untypische Bauform, da anders als bei der Newcomen-Maschine der Zylinder nicht oberhalb des Kessels angeordnet ist. Statt dessen wird der Dampf seitlich zugeführt (Buchstabe I, in der Legende heisst es: »I = Zylinderhals, durch welchen die Dämpfe unter den Cylinderkolben gehen«) 6 7.

Stand: 29.4.2017


  1. Ich folge in meiner Darstellung dem sehr lesenswerten Aufsatz von Peter Kracht: Von einem verflossenen Jubiläum, das erst später stattfindet. In: Bochumer Zeitpunkte Nr. 10 S. 16 ff. Online verfügbar Abgerufen 29.04.2017 

  2. Matschoss vermutete, dass die Maschine von Holtzhausen gebaut wurde Matschoss, 1908, Band 1, S. 157 

  3. Behrens, 1970, S. 33 ff. 

  4. Teutoguss Gravenhorst Abgerufen 29.04.2017 

  5. Albert Gieseler zur Friedrich-Wilhelms-Eisenhütte Abgerufen 29.04.2017 

  6. Kracht, o.J. 

  7. Weitere Details zu einer ähnlichen Maschine habe ich auf http:/balancier.eu zusammengetragen