1816: Robert Stirling erhält ein Patent auf seine Heißluftmaschine

Robert Stirling (1790-1878) war ein schottischer Geistlicher. 1816, kurz nachdem er seinen Dienst in einer Gemeinde angetreten hatte, erhielt er ein Patent auf einen »Heat Economiser«. Diese Heißluftmaschine kennen wir heute unter dem Namen des Erfinders als Stirlingmotor.

In einer Stirlingmaschine (Typ Alpha) wird kontinuierlich Luft (oder allgemeiner: das Arbeitsmedium, z.B. Helium) im Arbeitszylinder erhitzt und in dem Verdrängungszylinder gekühlt. Das expandierende bzw. komprimierte Medium wechselt vom Arbeitszylinder in den Verdrängungszylinder und zurück. Der Arbeitskolben (und nur dieser) leistet Arbeit. Bild @fig:1816-1 zeigt die Kopie eines Modells, welches von oder für Robert Stirling um 1816 gemacht wurde.

Modell einer Heißluftmaschine Stirling's, um 1816{#fig:1816-1}

1818 gelang Stirling der Bau einer funktionsfähigen Maschine, mit der in einem Steinbruch Wasser gepumpt wurde.

Gemeinsam mit einem Bruder entwickelte Stirling seinen Motor weiter. 1843 wurde eine Maschine mit 34 kW geliefert, die mit 18% einen im 19. Jahrhundert nie wieder erreichten Wirkungsgrad hatte 1.

John Ericsson, vergl. [1829: Die Lokomotive Rocket gewinnt die Rainhill Trials] und [1830: John Braith- waite setzt zum ersten Mal seine Dampffeuerspritze bei einem Brand ein] sowie [1841: Henry Rossiter Worthington erhält ein Patent auf eine direkt wirkende Kesselspeisepumpe] war auch von der Heißluftmaschine begeistert. Vielleicht hatte er das Prinzip selbst gefunden, jedenfalls lief 1853 das »Caloric Ship Ericsson« vom Stapel. Es handelte sich um ein großes, für den Atlantikverkehr konzipiertes Fahrzeug. Wie zu der Zeit üblich war das Schiff als Zweimaster auch in der Lage zu segeln. Die Heißluftmaschine arbeitete auf Schaufeln mit ca. 10 m Durchmesser und 3 m Breite. Die Maschinenanlage mit einem Gesamtgewicht von 450 t bestand aus vier gekoppelten Arbeitszylindern. Die Abmessungen waren gigantisch: Mehr als 4 m Zylinderdurchmesser und ein Hub von ca. 1,8 m! Einige »Details« dieser Konstruktion scheinen verloren gegangen zu sein. So weiß man nicht mehr, wie die Maschine angefahren wurde. Es gibt die Anekdote, dass die Gäste der Probefahrten »zu einem Ritt auf den sich bewegenden Kolben« eingeladen wurden - maximale Drehzahl der Räder 9 pro Minute 2.

Das Schiff war völlig untermotorisiert und erreichte die versprochenen Leistungswerte nie. Nach einer Kenterung wurde es mit einer Dampfmaschine ausgestattet 3.

Die Stirlingmaschine hat seit fast 200 Jahren viele Erfinder begeistert. Es gibt eine große Vielzahl von Varianten. Darstellungen zum Stirlingmotor finden sich zahlreich auch im Netz (als eine von vielen sei hier die von Peter Fette 4) genannt. Stirlingmodelle faszinieren Zuschauer und immer wieder wird die Frage gestellt, warum dieser Motor heute kaum anzutreffen ist. In einem Text des Deutschen Museums München heißt es: »Der Stirlingmotor ist der ewige Motor „mit Potential“« 5.

Robert Stirling selbst war seinerzeit daran gescheitert, daß die verfügbaren Werkstoffe den Belastungen nicht standhielten. Sein Motor von 1843 fiel nach 4 Jahren aus, weil der Zylinder durchgebrannt war. Wie Reinhold Bauer darstellt, sind zwar seither sehr viele Probleme gelöst worden, letztlich ist es aber z.B. nie zu einem Serieneinsatz eines Stirlingmotors in einem Fahrzeug gekommen, da »der Kraftstoffverbrauch von Pkw mit Stirlingmotoren [] im Vergleich zu denen mit konventionellen Hubkolbenmotoren einfach zu hoch gewesen [wäre]« 6.

In jüngerer Vergangenheit wurden Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen vorgestellt, in denen ein Stirlingmotor Strom und Wärme erzeugt, z.B. von der Firma Viessmann »Mikro-KWK auf Stirling-Basis« 7. Einige Anbieter sind aber auch hier nicht mehr am Markt zu finden.

1816: Die Defiance, das erste Dampfschiff auf dem Rhein, fährt bis Köln

Dazu gibt es einen Bericht in der Kölnischen Zeitung vom 13. Juni 1816 (Museum für Frühindustrialisierung Wuppertal), den ich hier wiedergeben möchte:

Köln, 12. Juni. Heute gegen Mittag erblickten wir hier auf unserm schönen Rheinstrome ein wundervolles Schauspiel. Ein ziemlich großes Schiff, ohne Mast, Segel und Ruder, kam mit ungemeiner Schnelle den Rhein heraufgefahren. Die Ufer des Rheines, die hier vor Anker liegenden Schiffe waren in einem Augenblicke von der herbeiströmenden Volksmenge bedeckt. — Das die allgemeine Neugierde reizende Schiff war ein von London nach Frankfurt reisendes, englisches Dampfboot. Jedermann wollte den innern Bau dieses Wunderschiffs und die Kräfte erforschen, welche dasselbe in Bewegung setzten. Seine innere Einrichtung, flüchtig betrachtet, ist folgende: Der innere Schiffsraum zerfällt in drei Theile, wovon die äußern ein Wohnzimmer und der mittlere einen Feuerherd sammt den Brennstoffen enthalten. Dieser ist oben mit Steinen zugedeckt, brennt beständig und verwandelt das siedende Wasser in Dämpfe, welche die Walze treiben, die an jedem ihrer Ende ein Rad mit acht Schaufeln hat, wodurch die Kraft der Ruder ersetzt und das Schiff fortgetrieben wird. Bloß hierdurch in Bewegung gesetzt, kam das Schiff, bei der jetzigen starken Wasserhöhe, gegen die heftigste Strömung schneller herauf, als es von Pferden gezogen werden könnte. Vorigen Donnerstag verließ es Rotterdam; und nach der Versicherung der Reisenden kann es in einem Tage eine Strecke von 25 Stunden zurücklegen. — Auf dem Verdecke erblickt man zwei ziemlich erhabene Rauchfänge, wovon der größere dem Feuerherde, der kleinere dem Ofen des Wohnzimmers dient.

Auf den ersten Blick staunt man über die Gewalt der Dämpfe; allein, wenn man weiß, daß das Wasser in Dampfgestalt einen 1470mal größeren Raum einnimmt, so sieht man leicht, daß unglaubliche Wirkungen hervorgebracht werden müssen, wenn die Dämpfe in einen engen Raum eingeschlossen werden, um durch ihre Ausdehnung fremden Widerstand zu besiegen. Lissabons und Calabriens Zerstörung, die Ausbrüche der Vulkane sind Beweise, die uns Über die Allgewalt des Wassers, wenn es sich mit dem Feuer gattet, mit Grauen erfüllen. Die Kraft der Dampfmaschine beruht auf demselben Grunde. Man bedient sich derselben mit ausserordentlichem Nutzen beim Bergbau, in den großen Brauhäusern zu London und in endem Fabriken, wo große Bewegungskräfte gebraucht werden.

Die Dampfmaschinen ersparen der brittischen Nation täglich 75,000 Pf. Sterl.; diese Summe müßte täglich mehr ausgegeben werden, wenn man die Kräfte der Dampfmaschinen durch Menschenarme ersetzen wollte. Watt und Boulton zu Birmingham liefern die vollkommensten Dampfmaschinen. Diese ganze Erfindung und die Vervollkommnung derselben verdankt man dem an Tiefe dem Deutschen verwandten Genius des Britten.

Die Defiance schaffte es dann doch nicht weit über Köln hinaus. Die Strömung war wohl zu stark und man mußte umkehren.

1816: Francois Daguet erhält ein Patent für eine Maschine zur Herstellung von Drahtstiften

Drahtstifte? Vielen sagt dieser Begriff nichts. Einen Nagel aber hat fast jeder schon mal in der Hand gehabt, ihn vielleicht sogar mit dem Hammer in die Wand geschlagen. Ein Drahtstift ist ein aus Draht hergestellter Nagel.

In vorindustrieller Zeit wurden Eisennägel vom Nagelschmied hergestellt. Im Zuge der industriellen Revolution gab es dann eine Vielzahl von Versuchen, die teuren handgeschmiedeten Nägel durch maschinell aus Eisendraht gefertigte zu ersetzen.

Wie bei manch anderen Metallwaren läßt sich auch hier nicht so ohne weiteres ein entscheidendes Datum benennen. Allerdings ist man sich in der Literatur einig darüber, dass Paris eine besondere Rolle bei der Entwicklung gespielt hat. So wird in Meyer’s Großem Konversationslexikon 1905 der Begriff »Drahtstift« synonym zu »Pariser Stift« gesetzt 8.

Die Technikhistoriker haben den Drahtstift nicht sonderlich gewürdigt. Ludwig Beck schrieb 1899 9:

Die Fabrikation der Drahtstifte hat in Frankreich zuerst ihre Ausbildung erhalten. Das erste Patent erhielt James White zu Paris, doch erzielte er nur geringen Erfolg. 1816 erfand Daguet in Paris eine Drahtstiftmaschine. Malliot in Lyon gab 1821 seinen Stiften noch eine breite Zuschärfung statt der Spitze. Die gepressten vierkantigen Spitzen hat wahrscheinlich Saint Amand zu Paris zuerst gemacht. Die Drahtstifte gingen im Handel allgemein unter der Bezeichnung Pariser Stifte.

2018 hat Christopher How, der sich als »Retired Engineer« bezeichnet und sich offensichtlich seit Jahren mit dem Thema befasst, bei einer Konferenz der »Construction History Society« in Cambridge einen Vortrag zum Thema »The First Wire-Nail machines & their origins« gehalten 10.

Er analysiert die verschiedensten Patentunterlagen und kommt zu dem Schluß, dass die 1816 für Francois Daguet patentierte Maschine die erste wirklich brauchbare Maschine zur Herstellung von Drahtstiften war.

This invention deserves to be acknowledged as the first true wire-nail making machine. … In other ways, too, the invention is a breakthrough in converting wheel drive, fly wheels, gearing and lever activation. It is remarkable that the inventor has been essentially bypassed in the history of technology , and that the introduction of these features has gone unnoticed in the field of nail-making.

Diese Erfindung verdient es, als die erste echte Maschine zur Herstellung von Drahtstiften anerkannt zu werden. … Ferner ist die Erfindung ein Durchbruch bei der Verwandlung von Antriebsrädern, Schwungrädern, Zahnrädern und Betätigung von Hebeln. Es ist bemerkenswert, dass der Erfinder von der Technikgeschichte nicht wahrgenommen wurde und dass die Einführung dieser Eigenschaften im Bereich der Nagelherstellung unbeachtet blieb.

Stand 12.9.2018


  1. Diese Angaben nach Fritz Steimle, Jürgen Lamprichs, Peter Beck: Stirling-Maschinen-Technik, 2. Auflage, Heidelberg: C. F. Müller Verlag, 2007, S. 117-120, zitiert bei Wikipedia: Robert Stirling Abgerufen 19.7.2016. 

  2. Ein wunderschönes Stück journalistischer Lyrik findet sich in einem langen Artikel des »Courier and Enquirer« vom 12.1.1853. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein solcher Text ohne starke Motivation oder höchst angenehme Erlebnisse zustande gekommen ist. Die Journalisten besichtigten das Schiff und durften die Kolben (oben offen, ca. 4 m Durchmesser) »betreten«. Der Autor schrieb: »Unsere Sensation beim Auf- und Abreiten auf diesen großen Kolben werden wir nicht so bald vergessen. Wir halten die Maschine der Ericsson für eines der feinsinnigsten Ingenieurwerke unserer Zeit.« Absolut lesenswert! Ericsson’s caloric engine. Ericsson, 1853 

  3. 1867 zieht John Bourne ein ernüchterndes Fazit zum »Breathing Ship« Bourne, 1867, S. 192 

  4. Peter Fette: Wie arbeitet der Stirlingmotor? Abgerufen 19.7.2016 

  5. Deutsches Museum München, Vorstufe eines U-Boot-Stirlingmotors, 1978 Abgerufen 19.7.2016 

  6. Bauer, 2006, S. 278

  7. Viessmann: Kraft Wärme Kopplung Abgerufen 19.7.2016 

  8. Meyers Großes Konversations-Lexikon 1905 Band 14, Seite 375 Abgerufen 17.7.2018 

  9. Beck, 1899, S. 292 

  10. Christopher How in Campbell, 2018, S. 345