1851: Bei der ersten Weltausstellung stellt Krupp einen 2150 kg schweren Block aus Stahlguß aus

Bei der ersten Weltausstellung im Crystal Palace London übertraf Krupp damit einen Block aus Sheffield mit 1200 kg bei weitem.

Otto Johannsen schrieb 1925:

… Auf der Londoner Weltausstellung im Jahre 1851 stellte er einen Gußstahlblock von 2150 kg Gewicht aus, außerdem zeigte er feinpolierte Walzen, Federn und Achsen für Eisenbahnwagen sowie eine Sechspfünderkanone. Trotz des hohen Standes der altberühmten englischen Gußstahlfabrikation erhielt Krupp allein die höchste Auszeichnung. Dadurch wurde Krupps Name mit einem Male weltberühmt. Über Krupps Geheimnis der Gußstahlfabrikation wurde viel gefabelt, doch bestand es nur in der Güte des eingesetzten Rohstoffs (früher Osemundstahl, später Puddelstahl), der zweckmäßigen Anlage der Schmelzöfen, der Benutzung großer Tiegel von etwa 45 kg Inhalt und einer guten Schulung der Arbeiter beim Entleeren einer großen Anzahl Tiegel in die Sammelpfanne, aus welcher der Guß erfolgte.

Bei Barbara Wolbring heißt es 1:

Nur 170 erste Preise oder Council Medals wurden … an die insgesamt 17.000 Aussteller vergeben, die meisten an englische Firmen, nur 13 kamen in die Zollvereinsstaaten.

Sie zitiert auch Friedrich Harkort:

Dieses Ding da wird einer der merkwürdigsten Denksteine in der Geschichte der industriellen Entwicklung Deutschlands werden.

Die Auszeichnung für den Gußstahlblock sowie die anderen Exponate des Krupp’schen Standes und die Reaktion der Jury, des Publikums und der Medien machten den Namen Krupp nun weltweit bekannt.

1851: Brown & Sharpe bieten die ersten Schieblehren an

1850 hatte J.R. Brown eine Maschine entwickelt, mit der Teilungen automatisch erzeugt werden konnten (also z.B. die auf einem Maßstab). Lt. Roe wurde sogar Abnutzung berücksichtigt 2. Schon ein Jahr später nutzte Brown diese Maschine, um einen Meßschieber im heutigen Sinn zu bauen (vernier caliper) 3. Im ersten Jahr konnten nur vier Exemplare verkauft werden.

Zu Entwicklung in Europa oder Deutschland konnte ich kaum Material finden. Bei Dingler findet sich 1855 ein Bericht über eine besondere Bauform einer Schieblehre 4. Dort heißt es einleitend:

Allgemein bekannt und verbreitet sind die zuerst in Frankreich verfertigten Schublehren mit eingetheilter Messing- oder Stahlstange, einem am Ende dieser Stange festsitzenden Stahlbacken und einem zweiten solchen Backen, welcher mittelst seiner Hülse auf der Stange verschiebbar ist. Diese aus den Werkstätten der Mechaniker bis in die Hände der Schuhmacher übergegangenen Instrumente – welche man durch Anbringung eines Nonius noch weiter vervollkommnet hat – sind äußerst bequem zum Messen solcher Gegenstände, welche zwischen ihre Backen eingebracht werden können;

Auch bei der Schieblehre oder Schublehre war DIN nicht untätig: Der korrekte Ausdruck nach DIN lautet Messschieber. Das mag zunächst etwas komisch klingen, macht aber durchaus Sinn. Man kann nämlich auch den modernen Messschieber so verwenden wie seinen Urahnen, indem man zum Vergleich zweier Werkstücke den Messschieber beim Werkstück A ansetzt, ohne zu messen die Feststellschraube anzieht und dann den Messschieber beim Werkstück B ansetzt. Geht das gut, hat man bei B das gleiche Maß wie bei A, falls nicht, muß nachgearbeitet werden. So war der Uhrahn des Messschiebers eine echte Lehre, eben verstell- oder verschiebbar. Durch Nonius und Skala kann man heute eben auch absolute Werte ermitteln, also messen.

An dieser Stelle sei ein kleiner Exkurs zum Nonius erlaubt: Er wurde schon lange z.B. bei astronomischen und nautischen Geräten (z.B. Oktant, Sextant) genutzt. Es lag also nahe, ihn auch bei der Längenmessung zu verwenden. Der Begriff Nonius geht auf einen portugiesischen Mönch zurück (Pedro Nunez *1492). Seine heutige Form bekam der Nonius durch Pierre Vernier im 17. Jahrhundert 5. Das erklärt auch, weshalb im französischen und im englischen Sprachraum die Nonius-Schieblehre als Vernier-caliper bekannt ist.

1851: Isaac Merritt Singer gründet eine Firma zur Herstellung von Nähmaschinen

Die Firmengründung der »Singer Company« scheint mir bedeutsam, weil die danach aufkommende Forderung Nähmaschinen zu bauen, die für breite Kreise erschwinglich sein sollten, den amerikanischen Austauschbau in besonderer Weise gefördert hat 6. Die Herstellung von Nähmaschinen wurde nach der Waffenfabrikation zum zweiten Fabrikationszweig, in dem massenhaft hergestellte Teile maßgenau, austauschbar und günstig gefordert wurden. Viele dieser Teile mussten gehärtet oder mit besonderen Oberflächen versehen sein.

Frühe Singer-Nähmaschine{#fig:1851-1 width=14cm}

Das Bild @fig:1851-1 zeigt eine frühe Singer-Maschine.

In der Literatur finden sich Zahlen, die deutlich machen, dass Nähmaschinen in den USA in wirklich rasant wachsenden Stückzahlen gebaut wurden: Bis 1853 wurden 2.509 Maschinen gebaut, Ende 1859 waren es 104.000. Für 1860 wird eine Jahresproduktion von 55.000 angegeben, für 1870 eine von 464.254 7. In diesem Jahr produzierte allein Singer 127.833 Maschinen.

Auch für die deutsche Firma Pfaff, 1862 gegründet, war die Modernisierung der Produktion ein wesentlicher Grund für den Erfolg. Ein Sohn des Gründers, seit 1870 im väterlichen Betrieb tätig, besuchte ab 1876 für zwei Jahre die USA und bestellte dort Werkzeugmaschinen 8. In einem Inserat der Firma Pfaff heisst es 9 10:

Es ist anerkannt und der große Import beweist es täglich schlagend, daß die Fabrikation von Nähmaschinen in Deutschland noch nicht so technisch ausgebildet ist wie in Amerika. Dieses rührt wesentlich daher, daß in Amerika die Nähmaschinen-Theile alle mit Hülfe von Maschinen fabriziert werden. Unseren Bemühungen ist es gelungen, jetzt sämmtliche bei der Nähmaschinen-Fabrikation in Amerika angewandten Werkzeug-Maschinen liefern zu können. Wir liefern sämmtliche Maschinen, als Schraubschneide-Maschinen, Hobelstoß-Maschinen mit 6 Zoll Hub, Fräsmaschinen, Profil-Feinmaschinen, Bohrmaschinen mit 4 Spindeln, Excenter-Stanz- maschinen und Näherschneidmaschinen zu Fabrikpreisen.

Stand: 19.11.2018


  1. Wolbring, 2000, S. 93 f. 

  2. Roe, 1916, S. 201 

  3. Roe, 1916, S. 203 

  4. Dingler Band 138, Nr. XXV, 1855, S. 90 f. Abgerufen 26.7.2016 

  5. Berndt, 1929, S. 161 

  6. Day + McNeil, 1996, S. 646 f. 

  7. Hausen, 2012, S. 115 

  8. »G. M. Pfaff AG, Nähmaschinenfabrik« bei Albert Gieseler Abgerufen 19.11.2018 

  9. Hausen, a.a.O. S. 116 

  10. Hausen gibt als Quelle an: »Der Arbeitgeber. Nr. 414. 5.2.1865, S. 4537«. Da steckt vermutlich ein Tippfehler drin, da Pfaff junior bis 1877 in den USA weilte und die ersten amerikanischen Maschinen erst danach eintrafen.