Richard Trevithick (1771-1833) war der Sohn eines Cornwaller Bergwerksingenieurs (Mine-Captain). Newcomen- sowie Watt-Maschinen hat er sicherlich schon als Kind kennengelernt, da sie in Cornwall schon sehr früh zur Entwässerung der Minen genutzt wurden.
Quellenlage
Die Quellenlage zu Richard Trevithick ist eher unbefriedigend. Von ihm selber sind nur sehr wenige Schriftstücke und Skizzen erhalten. Eine frühe Biographie wurde von einem seiner Söhne verfaßt. In seinem zu Lebzeiten nicht veröffentlichten zweiten Band “A Treatise on the Steam Engine” hat John Farey Jr. über Trevithick geschrieben. Heute gibt es zwar etliche Darstellungen, die seine Bedeutung hervorheben (das äussert sich dann z.B. im Buchtitel “Genius” mit dem Untertitel “Richard Trevithick’s Steam Engines”), aber sachlich orientierte oder gar technikgeschichtlich fundierte Bücher sind selten. Dickinson hat mit Arthur Titley 1934 fast pünktlich zum 100jährigen Todestag unter dem Titel “Richard Trevithick. The Engineer and the Man” die in meinen Augen fundierteste Darstellung vorgelegt. Auch jüngere Werke bedienen sich hier.
Whim Puffer
1797 war ein wichtiges Jahr für Richard Trevithick. Nach dem Todes seines Vaters wurde er statt seiner als “Mine Captain” berufen. Dadurch hatte er nun ein Einkommen, welches es ihm ermöglichte, eine Familie zu gründen. Er heiratete drei Monate nach dem Tode des Vaters. Die junge Frau war eine Tochter von John Harvey, der die Gießerei Harvey & Co in Hayle gegründet hatte.
Das wohl früheste Zeugnis zum Thema “Puffer” findet sich in einem Brief von Davies Gilbert (ursprgl. Giddy) von 1839. Gilbert war einige Jahre Präsident der Royal Society gewesen. Wie es zu dieser ungewöhnlichen Bekanntschaft zwischen dem Cornwaller Raubein Trevithick und dem Priestersohn Gilbert kam, ist nicht bekannt. In dem Brief beschreibt Gilbert, dass Trevithick ihn gefragt habe, wieviel Leistung verloren ginge, wenn man den Dampf nicht kondensieren würde. Gilbert schreibt 1:
would be the loss of power in working an Engine by the force of Steam raised to the Pressure of several Atmospheres, but instead of condensing to let the steam escape. I, of course, answered at once that the loss of power would be one Atmosphere, diminished power by the saving of an air Pump with its Friction and in many cases with the saving of condensing water. I never saw a Man more delighted, and I believe that within a Month several “Puffers” were in actual work.
In meiner Übersetzung:
wie wäre der Verlust an Leistung, wenn man eine Maschine mit einem Dampfdruck von mehreren Atmosphären betreiben würde, aber den Dampf nicht kondensieren sondern einfach entweichen lassen würde. Ich antwortete natürlich, daß eine Atmosphäre weniger Druck zur Verfügung stünde aber auch die Luftpumpe mit ihrer Reibung wegfiele sowie oft auch das Kühlwasser eingespart würde. Ich habe nie einen Mann noch entzückter gesehen und ich glaube, dass innerhalb eines Monates mehrere “Puffer” in Betrieb waren.
In der Biographie, die Francis Trevithick über seinen Vater geschrieben hat, ist die Rede von mehreren Modellen, die der Schwager William West für den Vater gebaut habe. Lt. Dickinson gibt es in der Sammlung des Science Museum London ein Modell (Bild 1 2), welches bis in das Jahr 1810 belegbar ist und von dem Dickinson und Titley annehmen, dass es sich um ein Original handelt.
Sieht man einmal davon ab, dass dieses Modell fahrbar ist, paßt es sehr schön zu dem, was Tom Walshaw entwickelt hat. Er beschreibt in seiner Einführung zur Baubeschreibung, daß das Science Museum auch ein Original eines Trevithick Puffers besitzt. 1882 hat F.W. Webb (über lange Jahre technischer Leiter der London and North Western Railway) die Überreste auf einem Schrottplatz gefunden und diese dann in “seinen” Lokomotiv-Werken von Crewe restaurieren lassen. Lt. Walshaw fehlten Kurbelwelle, Hauptlager, Treibstangen und der Kamin, evtl. auch die Speisewasserpumpe und die Kesselfundamente. Er konnte das Exponat im Science Museum vermessen und diese Daten bei seinem Modell verwenden 3.
Leider habe ich kein Bild dieser Maschine auf der Webseite des Science Museum gefunden. Dank des Gutenberg Projektes hier aber eine Radierung aus dem Jahre 1885 (die auch Walshaw in seiner Einführung reproduziert hat) (Bild 2 4):
Der Name “Whim Puffer” ist ein sehr treffender. Whim bezeichnete in Cornwall die Vorrichtung, mit der in den Schacht einer Mine “eingefahren” wurde - also im einfachsten Fall eine Trommel mit Seil. Puffer bezieht sich auf das Laufgeräusch der Maschine. Da die Maschine den Dampf ohne Kondensation ausstieß, hörte man weithin den “Puff”.
Trevithick baute seine Maschinen nicht selber, sondern lieferte nur Ideen. Es sind einige wenige sehr rohe Skizzen überliefert. Gußteile lieferte z.B. der Schwiegervater Harvey of Hayle, u.a. West fertigte.
Dickinson gibt die Zahl der ausgeführten Maschinen mit “an die fünfzig” an 5. Er bezieht sich auf einen Brief von Trevithick an Gilbert aus dem Jahre 1804. Dort werden Zuckerfabriken und Mühlen als Einsatzorte angegeben. Auch wird mit Hilfe der Hochdruckmaschinen Kohle gefördert, Wasser gepumpt und Eisen gewalzt.
Ein selten reproduziertes Bild findet sich bei Dickinson + Titley in Fig. 23 (Bild 3 6). Es zeigt einen Plan für einen Whim Puffer, der zum Antrieb von zwei Polierzylindern (jedenfalls übersetze ich scouring barrels so) sowie Polierbänken diente:
Die Bildinschrift lautet:
Design for a four horse Trevithick Engine to drive two Scouring Barrels and a set of polishing Lathes
Die Bildunterschrift datiert die Skizze auf ca. 1813. Der Autor John Urpeth Rastrick war Maschinenbauer u.a. bei John Hazledine. Man erkennt auf der Schwungradseite die großen Poliertrommeln, die über eine Klauenkupplung zugeschaltet werden können. Auf der anderen Seite erfolgt offensichtlich über einen Riementrieb der Antrieb der Transmission für die Polierbänke.
Dredger Engine
Mit dem Typ des “Whim Puffers” stand nun eine Kraftmaschine zur Verfügung, die vielseitig eingesetzt werden konnte. Sie
- war relativ klein und leicht
- stellte keine Bedingungen an das Maschinenhaus
- konnte ohne allzu große Probleme an einen neuen Ort verbracht werden
- war nicht sonderlich teuer.
Trevithick, der nach einigen gescheiterten Projekten nach London gegangen war, versuchte dort, sich bei den Arbeiten für die West India Docks (die ersten Hafenanlagen für die Handelsschiffahrt in London) zu beteiligen. Er schlug vor, auf drei Schiffen Whim Puffer zu installieren und damit zu baggern (to dredge heißt baggern). Das geschah auch, allerdings bleibt unklar, inwieweit das Projekt erfolgreich war. Der Antrieb war hier ja nur ein Problem, die eigentliche Baggertechnik war auch noch kaum entwickelt.
1819 findet sich eine Zeichnung dieser Anordnung in Rees’s Cyclopaedia.
Sonstiges
Ausser dem Whim Puffer des Science Museums ist mir kein weiteres Original bekannt. Von den spektakuläreren Projekten Trevithick’s wie dem Straßenfahrzeug, der Lokomotive (vergl. Synopsis der Dampfmaschine: 1804 Pen-y-Darren) und der Dampfkutsche gibt es Replicas. Alle drei kann man in recht guter Qualität hier in Bewegung sehen:
YouTube: Mark Williams on the Rails 01 Cornish Steam Giant
Auch wer Mark Williams nicht versteht - die Bilder lohnen sich !
Stand: 22.12.2016
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Dickinson + Titley, 1934, Plate VI Online bei http://www.gracesguide.co.uk/File:Im1934RTrev-Roadloco.jpg, abgerufen 23.12.2016 ↩
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T.D. Walshaw alias Tubal Cain, Model Engineer 3809, 1987, S. 310 ff. ↩
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Scientific American Supplement, Vol. XIX, No. 470, Jan. 3, 1885 Abgerufen 23.12.2016 ↩
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Dickinson + Titley, 1934, Fig. 23 Online bei http://www.gracesguide.co.uk/File:Im1934RTrev-Rastrick.jpg, abgerufen 23.12.2016 ↩