Zu der ersten Dampfmaschine im Ruhrbergbau habe ich hier [1802, Die erste Wasserhaltungsmaschine des Ruhrgebiets geht auf Zeche Vollmond in Betrieb] schon einiges berichtet. Wie dabei kurz erwähnt, existieren Zeichnungen einer vermutlich sehr ähnlichen Maschine. Dazu folgen hier jetzt Einzelheiten.

1902 gab der “Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund in Gemeinschaft mit der Westfälischen Bergwerkschaftskasse und dem Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat” ein Werk zu den Themen Gewinnungsarbeit und Wasserhaltung heraus. Dort findet man die hier wiedergegebenen Tafeln. Der Autor, Ingenieur Stach, schreibt 1:

Die erste eincylindrige Wasserhaltungsmaschine, welche im Ruhrkohlenbezirk zur Aufstellung gelangte, ist, wie bereits im einleitenden Teile erwähnt wurde, eine Newcomensche atmosphärische Maschine von 12 PS, aufgestellt auf Zeche Vollmond im Jahre 1801. Eine Zeichnung dieser Maschine ist leider nicht mehr vorhanden. Wir geben jedoch in Tafel II und III zwei aus den Akten des König1ichen Oberbergamts zu Dortmund stammende Zeichnungen einer ähnlichen Maschine wieder, welche eine “48—Feuer—Maschine nach dem Alten Princip, gezeichnet im Monat October 1806 durch Bilger” darstellt. Nach der noch vorhandenen Beschreibung werden die einzelnen Teile, wie folgt erläutert:*)

Ich gebe diese Beschreibung hier im Wortlaut wieder sowie in [] meine Bemerkungen.

Zu Tafel II: [Ich lese nicht 48-Feuer-Maschine, sondern 48” Feuer-Maschine. Das wäre ein deutlich größerer Zylinder als bei Zeche Vollmond mit 20”. Liest man statt 48 18, so wäre der Zylinder in Relation zum Rohr “e” nicht maßstäblich dargestellt, s.u.]

“A” Cylinder nebst Kräntzen und Schrauben.

“B” Cylinder-Stange, wo nur eine Kette gezeichnet, jedoch zwey daran kommen sollen, desgleichen auch über dem Schachte.

“C” Ballengshire-baum mit all daran kommenden Schrauben, lagers, zapfen und Ketten. Hat von “a” bis an den Fang Bolden “b” 8 Fuss Hub. [Den Buchstaben “C” findet man nicht, aber hier ist natürlich der Balancier gemeint. “a” ist am Ende des linken Federbalkens eingetragen, “b” bezeichnet einen Fanghaken am linken oberen Ende des Balanciers (direkt neben der Befestigung der Ketten). 8 Fuss sind etwa 2,50 m.]

“d” Fang Federn. [ Diese Federbalken sorgten zusammen mit den gerade beschriebenen Fanghaken dafür, dass bei einem Bruch auf der einen Seite des Balanciers die andere nicht mit voller Wucht aufschlug oder gar Kolben bzw. Zylinder beschädigte, sondern der Aufprall etwas gedämpft wurde - also ein Stoßdämpfer. Es war auch durchaus üblich, Reste von alten Hanfseilen auf die Oberseite des Kolbens zu legen bzw. auf den Zylinderboden.]

“e” Einfallungsröhre bis zum Vondil Kasten der kalten Wasser 6“ D. [Das Rohr “e” läuft fast senkrecht von einem Wasserbehälter (durch den Balancier zum Teil verdeckt) bis zum dem großen Ventilkasten “F”. Der Durchmesser beträgt 6 Zoll, fast 16 cm.]

“F” Vondil Kasten der Kaltwasser. [Kaltwasserventilkasten]

“G” Dampf Vondil Kasten. [Dampfventilkasten]

“H” Hals zum Vondil Kasten und Sitz zum Vondil. [Ein 90° Krümmer]

“I” Cylinder Hals durch welchen die Dämpfe unter den Cylinder Kolben gehen. [Flansch am Zylinder, an den der 90° Krümmer angeschraubt ist]

“k” Vondilsitz zum Kaltenwasser.

“L” Einsprützungsröhre durch welche die Kaltewasser zum Cylinder zum ein sprützen laufen.

“M” Blommervendil, durch welches die schon eingesprützten Wasser wieder ablaufen und in den Kasten “n” fallen, wo selbige den von selbst nach beyde Käfsel gefürth werden können und die nicht nödigen Wassers zu den Käfsels laufen den in gefludern ausserdem fort. [s.u.]

“o” Kleiner Ballengshire zu der unter Haltung Pumpe mit zubehör. [Dieser Hilfsbalancier befindet sich in der Ebene über dem Hauptbalancier]

“p” unter Haltungs Pumpe, welche die Wasser vom Schachte bis ins gefluder “q” hept, wo sie den zum Röfserver laufen. [Die Pumpe ist an die rechte Seite des Hilfsbalanciers angekoppelt. Vom Überlauf “q” (ich vermute das ist mit “Gefluder” gemeint. “q” befindet sich direkt unterhalb des rechten Endes des Hilfsbalanciers) läuft ein schwach geneigtes Rohr zu dem bei “e” beschriebenen Wasserbehälter.]

“R” Rahmen, woran 2 Ketten befestigt, und zum Einlegen der Gewichte, wie auch zur lothrecht Haltung der Schacht Stange dienth. [Das ist das Bauelement, mit dem die Stange der Schachtpumpe an die Ketten angebunden ist. Die erwähnten Gewichte mögen sichergestellt haben, das die Pumpenseite das Übergewicht hatte, so dass die Maschine immer anlaufen konnte.]

“U” Steinener Pfeiler zur Unterstützung des Gewichtes in der Mitte unter dem Ballengshir.

Vergleicht man die (sparsame) Literatur 2 zu den Details einer atmosphärischen Maschine, so ergeben sich gleich mehrere deutliche Unterschiede in Tafel 2:

  • Der Kessel ist nicht zu sehen
  • Die Ventile (sowohl Kaltwasser als auch Dampf als auch Kondensat) sind vollkommen anders ausgebildet und angeordnet
  • Die Steuerung unterscheidet sich massiv

In der mir bekannten Literatur wird allerdings immer die Newcomen-Maschine beschrieben, so wie sie auf Thomas Barney’s Stich von 1719 dargestellt ist. Es ist natürlich leicht vorstellbar, dass auch bei der atmosphärischen Maschine Verbesserungen eingeführt wurden, die möglicherweise durch die neue Entwicklung der Watt’schen Maschine angeregt wurden. Spätestens seit 1776 (siehe [1776, Die erste Wasserhaltungsmaschine von Boulton & Watt wird in Betrieb genommen]) gab es den parallelen Betrieb von Newcomen- und Watt-Maschinen.

Wie auch immer es zu den Änderungen gekommen sein mag: Kessel und Zylinder bilden nicht länger eine Einheit, der Kessel ist abgesetzt (s.u.). Alle Ventile sind augenscheinlich relativ voluminöse und wohl auch komplexe Bauelemente. M.E. ist die Ähnlichkeit zu den Watt’schen Ventilkästen viel größer als zu den entspr. Teilen der Newcomen-Maschine. Dies gilt auch für alle Elemente der Verrohrung, also Rohre, Flansche, Krümmer, Verschraubungen. Ebenfalls sehr auffällig ist die neue Steuerung der Maschine. Zwar gibt es noch den sog. “Plug-Tree”, den Steuerbaum, der an einer Kette am Balancier hängt. Es werden aber nicht mehr Überfallgewichte ausgelöst, sondern es gibt einen Zahnrad / Zahnstangen-Mechanismus, der beide Ventile gemeinsam treibt.

Nun zur Tafel III aus 1. Ich gebe die Beschreibung im Wortlaut wieder, meine Kommentare in [].

Zu Tafel III: [Grundriß von einer 48 “ Feuer-Maschine nach altem Prinzip. Gezeichnet im Monat October 1806 durch Bilger]

“a” der Käfsel mit Maurung. [Kessel]

“b” Schürloch.

“c” Tühr zum Reinmachen des Käfsels.

“d” Propf.

“e” Dampfröhren.

“f” Dampfbehälter.

“g” Vondilkasten.

“H” 3 Vondile.

“I” Wechsel nach dem Cylinder.

“K” Röhre durch welche die Wasser nach dem Käfsel laufen, welche durch eine Kugel “l” das Vondil “m” hebt und die nödigen Wasser in den Käfsel lesst.

“n” Ställungsstange zum Vondil.

“o” Wasser Han.

“p” Dampf Han.

“q” Standt des Wassers.

“R” Röhre durch welche das Feuer mitten durch den Käfsel geht.

“S” Einfallungsröhre.

“T” Dicke der Mauer.

Die Originale scheinen noch weitere Informationen zu enthalten. Stach schreibt:

In seinen weiteren Ausführungen giebt der Verfertiger der Zeichnung an, wie die Dampfleitung zu der Maschine anzuordnen ist, um Wasseransammlungen zu verhüten, “denn beim Einlassen von Dampf will das Wasser nicht weichen, den entstehen solche harte Knalle als Bistolen Schüsse und hierdurch springen die Dampfröhren, wie ich bei der Vollmonder Maschine oft wahrgenommen habe.”

Stand: 7.5.2017