1814: Die ersten Schiffe werden mit Seitenbalancier-Maschinen ausgerüstet

Folgt man Matschoss, so entwickelte sich ab etwa 1814 ein neuer Typus der Schiffsmaschine: die Seitenhebelmaschine oder Seitenbalancier-Maschine (im Englischen »side-lever engine«) 1. So sollen Boulton & Watt 1814 zwei kleine Clyde-Boote mit solchen Maschinen ausgestattet haben.

Bis dahin hatten Boulton & Watt Maschinen vom Type Bell-Crank eingesetzt, siehe [1807: Robert Fulton und die Clermont] sowie [1812: Das Dampfschiff Comet befährt die Strecke Glasgow - Greenock]. Beim Einbau in ein Schiff war geringe Bauhöhe einer Dampfmaschine von Vorteil, ausserdem mußte der Schwerpunkt möglichst tief liegen. Statt der komplizierten Bell Cranks wurden nun normale Balanciere benutzt.

Maschinen der RMS Arabia und der RMS Persia{#fig:1814-1 width=14cm}

Diese Bauform blieb für mindestens zwei Jahrzehnte vorherrschend und wurde auch danach noch sehr gern ausgeführt. Bild @fig:1814-1 zeigt die Maschine der Persia (Stapellauf 1855) 2. Wem die Leiter auf der rechten Seite des Bildes merkwürdig vorkommt: Kolbendurchmesser war 2,50 m bei einem Hub von ca. 3 m. Als Leistung werden 2,700 kW angegeben! Das Schiff erregte auch in Deutschland Aufsehen. Dingler würdigte das Schiff mit einem ausführlichen Beitrag 3 4.

Stand: 19.10.2018


  1. Matschoss, 1908, Bd. 1 S. 648 f. 

  2. Die Bildlegende erwähnt ein zweites Schiff, die Arabia mit sehr ähnlichen Hauptabmessungen der Maschine. Die Arabia wurde aus Holz gebaut. Bei den Probefahrten zeigte es sich, dass dieser Rumpf den Belastungen wohl nicht gewachsen sein würde. Die Cunard-Line bestellte daraufhin die Persia, das größte bis dahin gebaute Schiff mit eisernem Rumpf. 

  3. Mittheilungen über die »Persia«, das größte bis jetzt vollendete eiserne Dampfschiff; von Heinrich Gruner, Ingenieur. Dingler, 1856, Band 140, Nr. I. (S. 1–14) 

  4. Die Cunard-Line gehörte zu den Schiffahrtslinien, die werbewirksam dem »Blauen Band«, also der Ehre des schnellsten Passagierschiffes auf der Transatlantik-Route Europa – New York, nachjagten. Die Persia brauchte knapp 9 Tage für die Überfahrt, das entsprach einem Mittel von gut 13 kn.