1864: Der Morsekonus wird zum »National Standard« der USA

Nachdem der Amerikaner Stephen Ambrose Morse ein Patent auf einen Spiralbohrer erhalten hatte [siehe 1861: Stephen Morse patentiert einen Spiralbohrer] gründete er 1864 die »Morse Twist Drill and Machine Company« in New Bedford Massachusetts 1. Diese Firma existiert noch heute. Vermutlich führte die Notwendigkeit, die Bohrer sicher in der Spindel einer Bohrmaschine aufzunehmen, sie aber dennoch rasch wechseln zu können, dazu, daß Morse sich mit Werkzeugkegeln befaßte. Er entwickelte den sog. »Morse taper« (kurz MT), im Deutschen »Morsekonus« (oder Morsekegel, abgekürzt MK). Lt. Angaben der heutigen »Morse Cutting Tools« wurde zwei Sätze von Kegeln gefertigt, von denen einer dem Bureau of Standards in Washington, D.C. vorgelegt wurde. So wurde der Morsekegel zum amerikanischen Standard. Morse zog sich 1868 aus seiner eigenen Firma zurück.

In der Patentzeichnung des Spiralbohrers 1863 hatte Morse diesen noch mit zylindrischem Schaft dargestellt. Seinen Werkzeugkegel führte er mit einem eingeschlossenen Winkel von ca. 3° aus. Damit gehört der Morsekonus zu den »selbsthaltenden« Werkzeugkegeln. Bei entsprechender Oberfläche der Spindel und des Werkzeuges lassen sich hohe Drehmomente übertragen. Dazu reicht manuelles Einsetzen, bei größeren Werkzeugen vielleicht ein Schlag mit einem Schonhammer. Ein einfaches Lösen wird bei Bohrmaschinen üblicherweise durch ein passend angeordnetes Langloch in der Spindel und einen durchgesteckten Treibkeil erreicht, der dann das Werkzeug löst, siehe Bild @fig:1864-1. In anderen Fällen wird eine Abdrückschraube verwandt.

Morse scheint seinen Werkzeugkegel nicht patentiert zu haben, jedenfalls blieb die Suche nach einem Patent ohne Ergebnis. Die Quellenlage zu ihm als Person und zur Einführung des Morsekonus’ ist äusserst dürftig. Vermutlich ist der Erfolg des Morsekonus’ auch dem Umstand zu verdanken, dass der amerikanische Werkzeugmaschinenbau ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weltweit führend wurde.

Morsekonus{#fig:1864-1 width=14cm}

Morsekegel MK 0 bis MK 6 sind in DIN 228 und ISO 296 genormt. Daneben existieren noch weitere Größen. Obwohl es eine ganze Anzahl weiterer Werkzeugkegel gibt, ist der Morsekegel auch rund 150 Jahre nach seiner Standardisierung in den Werkstätten zu finden - vielleicht hat aber auch der ein oder andere Leser einen Morsekonus in sich ohne es zu ahnen: Vielleicht in einer Hüftprothese oder in einem Zahnimplantat 2 3. Allerdings sollte man den Begriff hier nicht zu eng verstehen. Die Medizintechnik nutzt andere Winkel und hat es wohl erfolgreich vermieden, ihre Geometrien zu standardisieren.

Stand: 18.10.2018


  1. Morse Cutting Tools History Morse Cutting Tools: About Morse Abgerufen 18.10.2018 

  2. Hernigou, 2013 

  3. Shafie, 2014