1826: Friedrich Krupp, der Gründer der »Gußstahlfabrik Fried. Krupp« in Essen stirbt

Friedrich Krupp hatte 1811 die Gussstahlfabrik gemeinsam mit 2 Partnern gegründet. Krupp, Sohn einer wohlhabenden Essener Kaufmannsfamilie, hatte erkannt, daß Tiegelstahl [vergl. 1742: Der Engländer Benjamin Huntsman stellt erstmalig Tiegelstahl (Crucible Steel) her] (von den Zeitgenossen als Gußstahl bezeichnet) ein lohnendes Produkt sein konnte 1. Allerdings erwies sich das von den Partnern angegebene Wissen um die Tiegelstahlfabrikation als allenfalls marginal, schon 3 Jahre später trennte man sich. Mit einem weiteren Partner hatte Krupp noch weniger Glück, es handelte sich nach Ansicht einiger Autoren um einen Betrüger.

Letztlich war es Friedrich Krupp selbst, der in vielen Versuchen mühselig lernte, Tiegelstahl herzustellen. Aus unterschiedlichen Gründen kam es zwar immer wieder zu Rückschlägen, dennoch lieferte die Fabrik seit etwa 1817 Bohrer, Drehmeißel, Schneidrädchen sowie Werkzeuge für Gerber 2.

Bei diesen Produkten war nun auch die englische Konkurrenz wieder vertreten, da die Kontinentalsperre mittlerweile aufgehoben war. Dies änderte sich bei einem weiteren Produkt, Stempel für das Prägen von Münzen. Hier zeigte sich 1817 der Tiegelstahl aus Essen den Vorbildern aus England überlegen. Die ersten Erfolge ermutigten Friedrich Krupp zu einem Fabrikneubau.

Ab 1823 war Krupp immer wieder krank und zunehmend beeinträchtigt. Dies blieb nicht ohne Folgen, 1824 mußte Friedrich Krupp mit seiner Familie ihr Essener Wohnhaus verlassen und in ein kleines Gebäude auf dem Gelände der neu errichteten Schmelzhütte ziehen, wo er am 8. Oktober 1826 im Alter von nur 39 Jahren starb. Der älteste Sohn Alfred war zu diesen Zeitpunkt 14 Jahre alt.

Der Aufstieg der Krupp’schen Gußstahlfabrik unter Friedrichs Sohn Alfred hat die Bedeutung des Vaters immer überstrahlt. Dennoch muß festgehalten werden, dass die wesentlichen Elemente der Tiegelstahlherstellung beim Tode Friedrichs feststanden und zunächst von den wenigen verbliebenen Arbeitern, dann auch von Alfred übernommen wurden 3:

  • Rohmaterial Eisen: Osemund, ein weiches Schmiedeeisen aus dem Sauerland, vergleichsweise frei von unerwünschten Bestandteilen wie Phosphor oder Schwefel. Es wurde normalerweise zum Ziehen von Draht genutzt - ein relativ teures Rohmaterial.
  • Rohmaterial Koks: Es wurde Kohle aus benachbarten Zechen genutzt, die in kleinen, selbstgebauten Öfen verkokt und entschwefelt wurde.
  • Vorbehandlung: Der Osemund wurde durch Zementation aufgekohlt, d.h. es wurde der Kohlenstoffgehalt erhöht. Dennoch lag dieser typischerweise unter dem des englischen Gußstahls.
  • Hilfseinrichtungen: Neben den Öfen waren das ganz wesentlich die Tiegel. Diese fassten 1826 21 kg. Sie wurden selbst gefertigt. Ohne das die chemischen Hintergründe Friedrich Krupp oder auch später seinem Sohn bekannt sein konnten, lag in der Zusammensetzung der Tiegelmaterialien ein wesentlicher Grund für die Eignung des Essener Gußstahls für bestimmte Produkte wie Prägestempel und kleine Walzen, s.u.
  • Nachbehandlung: Nach dem Giessen wurde die Werkstücke geschmiedet und ggf. gehärtet 4.

Wie Beyer darlegt, führte die Aufnahme von Silizium aus den von Krupp genutzten Tiegeln zu einem bis dahin unbekannten Verhalten beim Härten. Anders als beim Vorbild des englischen Gußstahls (mit seinem, wie wir heute wissen, niedrigen Siliziumgehalt) ging die Härtung bei Werkstücken aus dem Essener Gußstahl tiefer. Bei dünnen Werkstücken (z.B. Messerklingen, Scheren) war das unerwünscht, da diese schnell brechen konnten. Bei größeren Werkstücken wie den schon genannten Prägestempeln und Walzen hingegen war die tiefer gehende Härtung ein großer Vorteil.

Bis zu einer sicheren Beherrschung der Tiegelstahltechnik sollten allerdings noch etliche Jahre vergehen. Ohne jede Analysemöglichkeit waren die Hüttenleute darauf angewiesen, aus Fehlschlägen zu lernen. Neben den direkt beeinflußbaren Abläufen gab es immer wieder Rückschläge, die durch Verunreinigungen der Rohmaterialien verursacht wurden. »Rückrufaktionen« bei Prägestempeln oder Garantieleistungen bei Walzen waren an der Tagesordnung.

Stand: 29.10.2018


  1. Ende November 1806 verbot Napoleon den Handel mit englischen Waren. Ziel war es, mit einer vollständigen Wirtschaftsblockade Englands Handel und Industrie entscheidend zu schwächen. Dadurch profitierten französische Industrien wie die Textil- und Seidenindustrie. Vielleicht hat die »Kontinentalsperre« aber auch für Friedrich Krupp eine Rolle gespielt. Schwierig wurde es, als nach der Abdankung Napoleons 1814 die Sperre aufgehoben wurde und englische Waren wieder allgemein verfügbar waren. 

  2. Beyer, 2007, S. 196 

  3. Beyer, a.a.O. S. 223, S. 185, S. 224 

  4. Beyer, a.a.O. S. 37 f.