1917: Das RWE nimmt den weltweit größten Turbosatz in Betrieb
Eine »Synopsis der Dampfmaschine« sollte auch ein Schlußkapitel haben, in dem eine Dampfmaschine Gegenstand ist.
Ich habe den seinerzeit weltweit größten Turbosatz gewählt. Einen solchen Turbosatz, also die Kopplung von Dampfturbine und Turbogenerator, nahmen die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke RWE 1917 in ihrem Kraftwerk Goldenberg-Werk in Betrieb 1. Kenngrößen waren 50 MWe, Frischdampf 16 bar/325 °C, Drehzahl 1000 1/min, Spannung 7000V 2.
Falls sich jemand über den Termin mitten im ersten Weltkrieg wundert: Der Werk dürfte kriegswichtig gewesen sein, u.a. für die nahegelegene chemische Industrie.
Die Entwicklung der Dampfturbinentechnik war rasant vorangeschritten [vergl. 1884: Charles Parsons erhält ein Patent auf seine Dampfturbine]. Auch beim RWE selbst kann man diese Aussage belegen. 1903 hatte man eine 2 MW Turbine zur Erzeugung von Drehstrom aufgestellt, gleichzeitig wurde eine 5 MW Turbine bestellt 3.
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Bild @fig:1917-1 zeigt zwölf Schornsteine des Goldenberg-Werkes, vermutlich in den 1920er Jahren. In der Wikipedia liest man 4:
Die zwölf Schornsteine des Werks wurden im Volksmund die „12 Apostel von Knapsack“ genannt und prägten die Landschaft mit ihren 110 m Höhe. Nachts waren sie weithin sichtbar durch die herausschlagenden Flammen und Funken mangels Filteranlagen. 1927 wurden die Staubemissionen zwischen 47 t bis 133 t am Tag geschätzt.
Auch heute noch wird ein sehr großer Teil der elektrischen Energie durch Turbogeneratoren erzeugt, die durch Dampf- oder auch Gasturbinen angetrieben werden. Anders als früher wird großer Aufwand getrieben, um die Umweltbelastung zu senken.
Die Dampfturbine ist die effizienteste Bauform einer Dampfmaschine. Rasant fortschreitende Entwicklungen im Bereich der Werkstoffe, der Fertigungstechnik und der Berechnungsmethoden machen heute Turbinen mit 1900 MW möglich 5.
Auch bei den Kesselanlagen ist die Entwicklung vorangeschritten. Mir scheint es allerdings, als wenn hier die »Grenzen des Wachstums« sichtbar geworden sind. Grund sind z.B. Probleme mit 7CrMoVTiB10-10, dies ist die Bezeichnung eines warmfesten Stahls, der besser unter dem Handelsnamen T24 bekannt ist 6:
Während der Inbetriebnahme der ersten mit dem Werkstoff T24 aus gestatteten 600 °C / 620 °C Grad Kraftwerksprojektes traten in den Membranwänden eine Vielzahl von wanddurchdringenden Rissen an T24-Kesselrohren auf
Hier ist mit 600°C Kraftwerk gemeint, das der Frischdampf mit 600 °C einströmt. Der Druck liegt dann bei über 300 bar ! Die Membranwände, im Englischen als »Boiler water walls« bezeichnet, sind aus Rohren gefertigt, die mit einem schmalen Streifen Blech verbunden sind 7. Bezüglich der 600°C Frischdampftemperatur sollte man wissen, das man bei der Eisenverhüttung die beginnende Rotglut zu 525 °C ansetzt 8.
Ich kann mir kein Urteil darüber erlauben, ob die Schwierigkeiten mit dem T24 dauerhaft überwunden werden konnten / können, aber nach über 200 Jahren scheint mir es doch so, dass die Ausnutzung der Dampfkraft nun zu einem evolutionären Endpunkt kommt 9.
Stand: 22.11.2018
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Wikipedia: Kraftwerk Goldenberg Stand 2.4.2018 Abgerufen 4.9.2018 ↩
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Water Wall Panels bei Vallourec Abgerufen 24.7.2018 ↩
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Wikipedia: Glut (Lichtausstrahlung) Abgerufen 24.7.2018 ↩
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Es finden sich auch noch weitergehende Projekte mit Dampftemperaturen von 700°C und Dampfdrücken von mehr als 300 Bar, bei denen dann Nickel-Basis-Legierungen verwandt werden. Schlagworte in den USA sind »Advanced ultra-supercritical pressure (A-USC)«. In Deutschland bezeichnet COMTES700 den Block F im Kraftwerk Scholven, eine »Komponenten-Testanlage« in Gelsenkirchen Land der Ideen. Eine andere Anlage befindet sich im Grosskraftwerk Mannheim: 725 °C Hochtemperaturwerkstoffteststrecke im GKM. Abgerufen 22.11.2018 ↩