1867: Auf der Pariser Weltausstellung wird der atmosphärische Flugkolbenmotor der Firma Otto & Langen gezeigt
Nicolaus August Otto, als Ingenieur reiner Autodidakt, begann 1862 mit ersten Versuchen zum Thema Viertaktmotor. Als deutlich wurde, dass die Konstruktion der Belastung durch die Explosionen nicht standhielt, wandte er sich dem Gasmotor zu. Eine kleine Erbschaft, mit der Otto seine Versuche finanziert hatte, war allzu rasch aufgebraucht.
1864 lernte Otto den jungen Ingenieur Eugen Langen kennen. Dieser erkannte das Potential der Erfindung Ottos und schon wenige Wochen nach der ersten Begegnung gründeten die beiden die Firma »N. A. Otto & Cie.« in Köln. Langen brachte aber nicht nur Geld ein, er war auch befreundet mit dem nur wenige Jahre älteren Franz Reuleaux, den er beim Studium in Karlsruhe kennengelernt hatte. Reuleaux war seit 1856 Professor in der mechanisch-technischen Abteilung des Eidgenössischen Polytechnikums Zürich, bevor er ebenfalls 1864 einen Ruf an das Königliche Gewerbe-Institut in Berlin erhielt (ein Vorläufer der späteren Technischen Universität). Diese enge Beziehung sollte auch für die Entwicklung des Flugkolbenmotors noch eine wichtige Rolle spielen. Bedeutsam war ferner, dass es Langen gelang, einen funktionsfähigen Freilauf zu entwickeln 1.
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Damit konnte dann der atmosphärische Flugkolbenmotor 1867 bei der Weltausstellung in Paris präsentiert werden, siehe Bild @fig:1867-1.
Hier standen nun 14 Gasmotoren, viele davon von Etienne Lenoir, und der neue, unbekannte Flugkolbenmotor einander gegenüber. Die Maschinen Lenoir’s wurden seit 1860 gefertigt. Sie liefen sehr ruhig und zuverlässig. Für den Laien war kaum ein Unterschied zum gewohnten Bild einer liegenden, schiebergesteuerten Dampfmaschine zu sehen.
Bei dem neuen Motor hingegen wurde der Kolben durch die Explosion des Gas-Luftgemisches hochgeschleudert, um dann in der Abwärtsbewegung durch Gewicht und Atmosphärendruck seine Energie auf das Schwungrad zu übertragen. In einem YouTube-Video kann man die Maschine im Leerlauf betrachten 2.
Franz Reuleaux saß als Vertreter Preußens in der Preiskommission. Es gelang ihm, eine Verbrauchsmessung der ausgestellten Motoren durchzusetzen. Das Ergebnis war: Der atmosphärische Flugkolbenmotor aus Köln verbrauchte nur 1/3 der Gasmenge, die eine gleichstarke Lenoir-Maschine benötigte. Dieses Ergebnis war so überraschend, dass man nach einer versteckten Gasleitung zu der neuartigen Maschine aus Köln suchte 3.
In den Folgejahren wurden bei Otto & Langen in Köln sowie bei mehreren Lizenznehmern ca. 5000 Flugkolbenmotoren mit Leistungen von 0,25 bis 3 PS gebaut 4. Lenoir’s Motor war durch diese Entwicklung überholt.
1867: Die Firma Aveling & Porter beginnt, Dampfwalzen für den Straßenbau zu produzieren
Obwohl Aveling & Porter einige Vorläufer hatten, waren sie es, die als erste eine höchst erfolgreiche Serienproduktion begannen, siehe @fig:1867-2 5. Neben Dampfpflügen und Dampfzugmaschinen waren es dann vor allem Dampfwalzen, die produziert und weltweit exportiert wurden.
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1867: Umwandlung von Arbeitskraft in elektrische Ströme ohne Anwendung permanenter Magnete - die Dynamomaschine
Werner Siemens hatte 1866 gefunden, dass ein Generator ohne Fremderregung möglich ist. Die Selbsterregung eines elektrischen Generators, bei der der im Weicheisenkern des Elektromagneten zurückbleibende Magnetismus ausgenutzt wird, bezeichnet man als dynamo-elektrisches Prinzip. Am 17.1.1867 gab es die erste Veröffentlichung dazu 6.
Wie immer mal wieder in der Technikgeschichte, so lag auch diese Entwicklung »in der Luft«.
Das Original gehört zu den Exponaten des Deutschen Museums, siehe 7.
1867: Der »Babcock and Wilcox Non-Explosive Boiler« wird patentiert
Stephen Wilcox (1830-1893) hatte 1856 ein erstes Patent auf einen Wasserrohrkessel erhalten. Er schloß sich mit George Babcock (1832–1893) zusammen und 1867 erhielten beide das Patent 65.042 auf einen »Steam Generator« 8.
Bei den Großwasserraumkesseln wird Wasser in (oft) zylindrischen großen Rohren erhitzt, siehe z.B. [1812: Richard Trevithick liefert eine Maschine mit Cornish Boiler aus] oder [1844: William Fairbairn erhält ein Patent auf den Lancashire Boiler]. Im Gegensatz dazu war der Babcock & Wilcox patentierte Kessel ein Wasserrohrkessel, d.h. das Kesselwasser wurde in (relativ) dünnen Rohren geführt, siehe Bild @fig:1867-3.
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Neben anderen hatte auch Ernst Alban, siehe Anmerkung [^1821-65], ab 1840 Wasserrohrkessel gebaut. Matschoss beschrieb diese ausführlich 9. Alban hatte erkannt, dass diese Kessel im Falle eines berstenden Rohres oder der Leckage einer Rohrverbindung durch die recht geringe Wassermenge keine so große Gefahr darstellten und so für seine »Hochdruckmaschinen« geeignet waren 10. Der Versuch, ein preussisches Patent zu erhalten, schlug fehl.
Einer deutlich größeren inhärenten Sicherheit standen allerdings eine ganze Reihe von Nachteilen gegenüber. Neben ungenügender Qualität der Rohre waren dies u.a. die ungleiche Wärmeausdehnung der verschiedenen Teile sowie Probleme mit Rohranschlüssen, Wasserkammern und Dampfsammlern. Darüberhinaus war unsauberes Speisewasser für den Wasserrohrkessel eine besondere Gefahr.
Letztlich war der Kessel von Babcock & Wilcox also eine Konstruktion unter anderen, allerdings war man wohl in besonderem Maße erfolgreich. Matschoss stellt 1908 fest 11:
Der Babcock & Wilcox-Kessel gehört heute zu den verbreitetsten aller Wasserrohrkessel. In den Londoner Elektrizitätswerken z. B. stammen von 521 Wasserrohrkesseln nicht weniger als 444 von Babcock & Wilcox.
Stand: 19.11.2018
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YouTube DEUTZdigital: The engine No. 1 from 1867…still running ↩
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Sass, a.a.O. S.35 ↩
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Deutsches Museum: Meisterwerke: Die Dynamomaschine von Werner Siemens Abgerufen 29.7.2016 ↩
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Deutsches Museum: Meisterwerke: Die Dynamomaschine von Werner Siemens Grossansicht Abgerufen 24.9.2018 ↩
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Firmengeschichte Babcock & Wilcox Deutschland Abgerufen 19.11.2018 ↩
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Im Deutschen Museum München ist ein Alban-Kessel erhalten. Dort werden 10 bar als zulässiger Dampfdruck angegeben Wasserrohrkessel 1859 Abgerufen 19.11.2018 ↩
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Matschoss, a.a.O. S. 458 f. ↩